Schon vor dem Start gab es eine hitzige Debatte. Was ist los in Kassel, wie wird die 15. Documenta ablaufen? Wir haben nun gesehen, dass die diesjährige Großausstellung in Kassel weitaus anders war, als ihre vorherigen Editionen. Das documenta-Konzept hieß ‚lumbung". Das indonesische Kuratorenkollektiv Luangrupa verband Ideen von Gemeinschaft, Vernetzung und Nachhaltigkeit. Daher waren viele Werke in ihrer physischen Präsenz auf die 100 Tage begrenzt, die die Documenta traditionell dauert. Die Documenta Fifteen wurde monatelang von antisemitischen Vorwürfen überschattet. Die schnell abgebauten Arbeiten mit antisemitischen Inhalten haben nun letztendlich zum von fuhrenden Politikern geforderten Rücktritt der Generaldirektorin Sabine Schormann geführt. Das Amt übernahm dann der Kulturmanager Alexander Farenholtz, der schon 1989 als Direktor der neunten Ausgabe der Documenta tätig war. Noch vor dem offiziellen Start der Documenta fifteen wurde bereits das erste Kunstwerk der Großausstellung gezeigt. Dan Perjovschi hatte die Säulen des Fridericianums geschwärzt und sie so zur Tafel für kreideweiße Symbole und Zeichen des Friedens, der Solidarität und Nachhaltigkeit werden lassen. Die diesjährige Ausgabe verstand sich nicht in erster Linie als Ausstellung, sondern als Arbeitsfeld für neue internationale Konzepte mit einer Beteiligung
von über 1500 Personen an 32 Standorten.
Trotz dieser unüberschaubaren Fülle kamen viele BesucherInnen aus der ganzen Welt und auch aus Köln! An zwei Tagen in zwei zeitlich versetzten Gruppen galt es, eine Annäherung an diese documenta zu ermöglichen, die eine deutliche Verbindung zwischen dem Leben und der Kunst und umgekehrt aufzeigt. Die ‚Lebensschule' - Fridskul und Gudskul im Fridericianum, die Lebensumstände in afrikanischen slums und Einblicke in die Kultur in Bangladesh in der documenta - Halle markierten Auszüge aus den klassischen Ausstellungsorten. Auch das Projekt ,RomaMoma* der ungarischen ,Off-Biennale' und die Arbeit von ‚Project Art Works' mit neuro-diversen Menschen lehren uns, dass es auf der Welt weit mehr gibt als uns im Rahmen des eurozentristischen Weltbildes vertraut ist.
Im Hübner-Areal, einer ehemaligen Fabrikationshalle für Verkehrstechnik und im Hallenbad- Ost gab es Begegnungen mit Kollektiven aus Mali und Indonesien, Thailand, Dänemark und Neuseeland. Man ging von Land zu Land .…. traf auf den Konflikt zwischen China und Kambodscha in poetischer Form und sah in einem eindrucksvollen Video von Kiri Dalena, wie Menschen Tag und Nacht in Manila auf den Philippinen für Essen anstehen. Auch auf den Wegen zwischen den einzelnen Standorten gab es viel zu entdecken: Return to sender' vom Nest Collective in der Aue oder schwimmende Gärten vor dem Bootsverleih Ahoi von der Künstlerin ilona Németh, eine akustische Installation in der Unterführung am Platz der Deutschen Einheit von Trampoline House.
Die vielen Eindrücke, die in diesen Tagen gesammelt wurden, werden nachwirken und werden vielleicht geteilt als Ernte aus dieser so anderen und so besonderen documenta fifteen. Am Ende waren sich alle einig, man musste diese documenta gesehen haben!